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Alfi

Alfi

Alfi

 

geb. 9. April 1973

gest. 17. Juli 2002

Die einen sagen: Alles im Leben ist vorbestimmt.
Die anderen wiederum meinen: Eine Art Schutzengel lenkt die Geschicke in unserem Leben.
Ich nehme an, daß solche Vermutungen auch bei Tieren ihre Gültigkeit haben.

Bei unserer Alfi bestimmte jedenfalls ein beängstigender Schlingerkurs ihre ersten Lebensjahre.

1973 am 9. April geboren kam sie nach dem Absetzen auf die Fohlenauktion. Mein Schwager und seine Frau ersteigerten sie und brachten sie in ihren Stall nach Nörting.
Alfi stammt ab von Alfina (deren Vater war Alarich). Ihr Vater war Amundsen der Sohn des Trakehnerhengstes Amor.

Alfi
Stallgefährtin für die nächsten Monate war "Fratzi", die spätere Mutter von Fanni.
1974 kam Welko nach Nörting und Alfi zu uns nach Moos.
Simmerl, unser polnischer Trakehner, hatte eine sehr große Boxe sodaß wir Alfi zu ihm stellten. Die beiden waren bald ein Herz und eine Seele.
Alfi war nicht gerne alleine. Als einmal alle Pferde von der Halbinselkoppel geholt wurden und nur Alfi nicht mit durfte, sprang sie kurzerhand über das 1,50 m hohe Tor, ohne es zu streifen.

1975 also gut zweijährig, kam Alfi zu Johanna, meiner Nichte und Toni ihrem Mann. Stall und Koppel neben dem Wohnhaus in Oberhaindlfing wurden die neue Heimat.

1976 beauftragte Toni einen Freund, Alfi anzureiten.

1977 nach etwa einem halben Jahr erklärte man der Johanna und dem Toni, daß Alfi nicht reitbar sei und außerdem einen irreparablen Lungenschaden habe. Der Metzger wurde verständigt und sollte das Pferd am nächsten Tag abholen. Gott sei Dank haben sie mir erzählt, wozu sie sich entschlossen haben.

Sofort fuhr ich nach Oberhaindlfing.

Anschauen, zum Schlachtpreis kaufen und Heim holen geschah innerhalb von 20 Minuten. Bereits nach einer Stunde stand Alfi in meinem Stall.
Sie verhielt sich so als wäre sie nie weg gewesen, ging mit den anderen Pferde auf die Koppel und hielt sich einfach an ihren Freund, den Simmerl.

Alfi
Alfi

Alfi war offensichtlich sehr oft longiert worden, ging also ausgesprochen gut an der Leine. Weil sie halt aufgeregt war, schnaufte sie etwas heftig aber nicht beunruhigend.
Als ich einen Reiter in den Sattel hob, blieb Alfi stocksteif stehen und rührte sich nicht vom Fleck. Sie war einfach nicht zu bewegen, auch nur einen Schritt zu tun. Da schnallte ich die Longe wieder ein und begann mit der Longenarbeit. Diesmal allerdings saß der Reiter drauf und das klappte. So gewöhnten wir Alfi an den Reiter und auch daran, daß sie die Hilfen und Einwirkungen kennen lernte.
Es dauerte nicht lange, dann ging sie hinter den anderen Pferden her und zeigte sich willig, lernte schnell und wir hatten die Freude, sie vor dem Schlachten gerettet zu haben.

Eine systematische, behutsame und profunde reiterliche Ausbildung zum Wohle unserer jungen Reiter sollte dem Motto vieler bekannter Pferdeleute gerecht werden, das da sagt:

"Nur auf einem gut gerittenen Pferd kann der Reiter das Reiten lernen".

Alfi machte es uns nicht schwer. Hervorragende Grundgangarten zeigten sich sobald sie ihr Gleichgewicht unter dem Reiter gefunden hatte. Dank ihres schwingenden Rückens erleichterte sie ihren Reitern das Finden eines geschmeidigen Sitzes. Mit Passion, Mut und Herz erfreute sie durch ihre sichere, flüssige und vorsichtige Springmanier.

Sie hat uns nie enttäuscht und war uns all die Jahre ein guter, treuer und zuverlässiger Partner.

Im Stall hatte sie eine Eigenheit, die jene erschreckte, die sie nicht kannten. Sie legte immer prophylaktisch ihre Ohren an. Dies vermittelte einen gefährlichen Eindruck. Wer genau hinsah, stellte fest, daß es ein ganz persönliches Verhalten, aber absolut keine Drohgebärde war. Abgelegt hat sie diese Angewohnheit während ihres ganzen Lebens nicht. Interessanter Weise vererbte sie dies auch an ihren zweitgeborenen Sohn Janosch.

1978 und die folgenden Jahre half sie professionell ihren jugendlichen "Pferdenarren" Reiterpaß und Reitabzeichen mit Erfolg abzulegen.

Alfi

Nicht nur im Leben eines Menschen gehören schöne aber auch weniger erfreuliche Ereignissen zur normalen Entwicklung. Entsprechend seiner Veranlagung geht hierbei jeder seinen eigenen Weg.
Alfi behauptete die Rangordnung in ihrer Gruppe nicht durch provokante Auseinandersetzungen. Ihre selbstbewußte Ausstrahlung wurde bis ins hohe Alter von den anderen toleriert. Langweilig war sie ganz bestimmt nicht. Gar mancher junge Reiter könnte hier wohl von aufregenden Erlebnissen berichten.

Auf einem Ausritt z. B. hatte Kai einen weiten Regenmantel an, der plötzlich bei einem Windstoß heftig flatterte. Alfi schätzte solche Dinge überhaupt nicht und setzte zu großer Flucht an. In seiner Not warf Kai den Umhang einfach weg, worauf der Galopp in ein gemächliches Tempo überging. Da sich Alfi nun schon mal in Richtung Heimat bewegte, hoppelte sie seelenruhig und gelassen von der Gruppe weg zurück zum Stall.
Kai, äußerst bedacht darauf, nicht noch einmal den Unwillen seines Pferdes zu erregen, hielt sich krampfhaft an der Mähne fest und verhielt sich so, als wäre er gar nicht dabei. Froh darüber, dieses Abenteuer lebend überstanden zu haben, sprang er wieselflink kurz vor dem Stalltor aus dem Sattel. Selbst bei starkem Regenwetter sah man Kai daraufhin nie mehr mit Regenmantel auf einem Pferd.

Alfi

Ein anderes Mal:

1979 4. Juni - Großer Prüfungstag - Reiterpaß- und Reitabzeichen mußten abgenommen werden.

Ein herrlicher Sonnentag. Viele Prüfungsanwärter und somit eine Menge Eltern und Zuschauer. Die große Koppel, auf der all die Geländehindernisse standen, wurde für die Reiterpaßprüfung vorgesehen. Auf der Halbinsel dahinter stand der Springparcours für den 2. Teil der Reitabzeichenprüfung. Dieser Platz war nicht, wie eigentlich üblich, mit einer Absperrung versehen, weil ja ringsum Wasser und der einzige Zugang durch ein Tor gesichert war.
Die Zuschauer strömten alle ungehindert nach der Dressurprüfung zum Springplatz mitten auf die Insel.
In vielen kleinen und größeren Gruppen willkürlich im Halbkreis um die nicht abgegrenzte Springbahn verteilt, erwarteten sie den Beginn der Vorstellung.
Andi ritt mit Alfi ein, grüßte, wie im Reglement vorgeschrieben, die beiden Richter Günther Brink und Knochendöppel. Korrekt und diszipliniert überwand sie die ersten Hindernisse.
Just in dem Moment, als ein Oxer in Zuschauerrichtung gesprungen wurde, brauste ein Düsenjäger hoch über den Platz und durchbrach mit ohrenbetäubendem Knall die Schallmauer.
Als hätte der Schuß sie gestreift, setzte Alfi ihren "Nachbrenner" ein und galoppierte in panischem Tempo, Rasenbrocken mit den Hufen hoch in die Luft schleudernd, auf die Zuschauer zu.
Zum Glück reagierten diese träge mit später Reaktion erst als Andi ihr Pferd schon zwischen den einzelnen Gruppen hindurchgesteuert hatte. Ohne dabei ihren eigenen Weg zu kreuzen, (was u. a. wichtig für die Beurteilung durch die Richter war) und ohne Schaden verursacht zu haben, setzte sie den Parcoursverlauf fort, so als gehörte all dies zum normalen Programm.
Bei der Abzeichenverleihung wurde ihr Verhalten lobend erwähnt.

Alfi
Alfi
Alfi
Alfi

Zu den liebenswerten Eigenschaften einer guten, partnerschaftlichen Beziehung gehört, die Schwächen des anderen zu kennen und sie auch ohne Groll dann zu tolerieren, wenn sie nicht zu ändern sind.
Schwierig wird es, wenn ein Problem erkannt, jedoch nicht eingeschätzt werden kann. So, wie im folgenden Fall bei Alfi.

Bei einem Überlandritt führte ich, mit Alfi beritten, die Gruppe.
Ab und zu war es unvermeidlich über kurze Strecken stark befahrene Straßen zu benutzen. Sogar unvernünftige und provokante Fahrer waren für unsere Pferde keine wirkliche Schwierigkeit. Auch für Alfi nicht. Selbst wenn schwere LKW mit krachenden und dröhnenden Aufbauten oder Ladungen vorbeidonnerten, zeigte sie sich unbeeindruckt. Absolut sicher war dies aber nicht immer.
Unscheinbare, mickrig kleine und brave Lieferautos oder Transporter konnten sie völlig aus der Fassung bringen. Warum? Ich weiß es bis heute nicht.
Unangenehm war so ein Anfall von Überangst bei Alfi auf Fahrstraßen dann, wenn ich Wiggerl, meinen damaligen Hund, aus Sicherheitsgründen vor meinem Sattel sitzen hatte. So gab es einmal auf unserer Wanderung nur eine Möglichkeit auf die andere Seite einer Autobahn zu kommen. Wir mußten auf einer Bundesstraße durch eine lange Unterführung. Für den Autofahrer kein Problem. Er macht sein Licht an und braust durch die Röhre. Das ist schnell vorbei.
Pferde haben kein Licht, nur gute Augen und Ohren. Ohne ersichtlichen Grund rauscht und poltert es erst mal über ihren Köpfen. Links vor ihnen nähern sich glühende Lichter in hektischem Tempo, werden immer größer und größer bis endlich geblendete Augen irgendein Fahrzeug schemenhaft erkennen. Deren an- und abschwellendes Rauschen zerrt an den Nerven bis es irgendwo hinten verschwindet. Gleichzeitig rumpelt es aber schon wieder von rückwärts heran, daß der Boden unter den Hufen zittert. Gar nicht so einfach, wenn man sich in ein Pferd hineindenkt.
Die erste Zeit marschierte Alfi flott und raumgreifend am langen Zügel dahin. In ruhigen Momenten hörte ich das gleichmäßige Getrappel der nachfolgenden Pferde und das Geplapper der jungen Reiter. Sorgen mußte ich mir nicht machen. Der Letzte von ihnen hatte eine reflektierende Jacke und rote Positionslichter, die wir für eventuell unvermeidliche Nachtritte immer dabei hatten. Er wurde also gut gesehen und erkannt.
Allmählich wurde Alfi etwas nervös. Ihre Tritte wurden kürzer und hastiger. An ihrem Ohrenspiel erkannte ich, daß sie nicht mehr ganz so gelassen war. Je näher wir dem hellen Ende der Unterführung kamen, umso zappeliger wurde mein Pferd. Beim nächsten Fahrzeug begann sie zu tänzeln, blubberte mit der Unterlippe, schob den Unterhals nach vorne, drückte auf die Zügel und zeigte Unwillen darüber, daß ich sie nicht einfach weg rennen ließ.
Wiggerl, festgehalten von meinem linken Arm, spürte die Mißstimmung und wetzte hin und her. Er wollte hinunter auf die Straße, was ich aber nicht erlauben konnte. Endlich waren wir im Freien.
Erleichtert stellte ich eben fest, daß wir nach etwa einem Kilometer diese Straße verlassen konnten. Da erschien vor uns ein blauer Kleinlaster. Beladen mit Bohlen und Gerüstrohren fuhr er sehr langsam. Weil er Überlängen transportierte, blinkte auf seinem Führerhaus rhythmisch eine gelbe Signallampe. Das war nun so ein Moment, an dem Alfi einfach durchdrehte. Mir war absolut nicht erklärlich, was sie so in Panik versetzte. Daran, daß sie hinten immer tiefer wurde, erkannte ich die enorme Spannung, die sich schlagartig aufbaute. Mit beiden Vorderbeinen hob sie, wie im Galopp, vom Boden ab, schnaubte und lümmelte sich auf die Zügel. Mit der Hinterhand drängte sie seitlich weg in die Fahrbahn und hopste nervös auf der Stelle.
Um sie zu beruhigen, gab ich mit den Zügeln leicht nach, erreichte aber nur, daß sie mir mit einem Ruck die Leinen aus der rechten Hand riß. Gleichzeitig schnellte sie aus fast hockender Stellung nach vorne weg und setzte mit einem Sprung über die Leitplanke. Die seitliche Böschung war zum Glück nicht sehr hoch, sodaß wir unbeschadet in einem Acker landeten.
Ungewollt erinnerte die ganze Situation an eine Rodeovorstellung.
Den rechten Arm ausbalancierend nach oben gestreckt, hing wie ein dicker Wollappen der schwarze Hund Wiggerl über den linken Ellenbogen. Mein Oberkörper schwankte ruckartig, sich krampfhaft an den festgepreßten Knien haltend, vor und zurück. Zum Glück blieb Alfi sofort stehen, sodaß ich mich gerade noch oben halten konnte.

Von vielen Turnieren, bei denen Alfi immer dabei war und manche Trophäe mit ihren jungen Reitern errang, könnte noch berichtet werden. Jedes für sich eine eigene Geschichte, an die sich die damaligen Akteure mit Sicherheit erinnern werden.

Was aber ganz besonders erwähnt werden muß, sind die vier Fohlen, die Alfi bei uns zur Welt brachte.

  • 1979 Kasimir
  • 1984 Janosch
  • 1985 Ajumi
  • 1989 Amani
Alfi und Kasi

Alfi und Kasimir

Alfi und Janosch

Alfi und Janosch

Alfi und Ajumi

Alfi und Ajumi

Alfi und Amani

Alfi und Amani

1979 am 13. Mai war Kasimir der Erste.
Alfi war eine sehr gute Mutter. Während der ersten vierzehn Tage nach der Geburt durften nur wenige Vertraute ihr Fohlen berühren.
Von einem Lehrerehepaar, dessen Kinder bei mir ritten, erhielt ich den Absetzer Ikaro geschenkt.
Der hatte sehr schnell heraus, daß es bei Alfi eine Milchtankstelle gab. Alfi adoptierte den kleinen Kerl tatsächlich und so hatte sie plötzlich zwei Fohlen, die sie versorgte und betreute.

Die allgemeine Meinung, Fohlen müßten mit vier Monaten abgesetzt werden, habe ich nie praktiziert. Tatsächlich bricht die Mutter-Kind-Beziehung nach dieser Zeit nicht ab. Wenn man es zuläßt, besteht sie über viele Jahre. Bei der Geburt eines neuen Fohlens, wird dieses in den ersten Wochen, in denen es noch etwas unbeholfen ist, besonders beschützt. Das neugierige ältere Fohlen wird auf Distanz gehalten. Damit es keinen unerwünschten Nachwuchs gibt kann ein Hengstfohlen natürlich ab dem 7. Monat nicht bei der Stutenherde bleiben.
Kasi war sogar im ersten Jahr, ca. vier Monate alt, auf dem Überlandritt mit dabei.
Kasi
Alfi und Kasimir

1984 endgültiger Abschied vom Moos. Zu Fuß ging es mit den Pferden in die Brandau.

Als Vater für Amani, dem letzten Fohlen von Alfi, suchte ich 1988 den Araberhengst Nasrallah der Gräfin Arco aus. Dazu brachten Andi und ich Alfi nach Moos bei Plattling.
Auf der Fahrt dorthin sahen wir bei Sautorn dicht neben der B 11 Pferde auf einer Koppel.
Alfi blieb im Gestüt beim Gestütsleiter Kampmann.
Auf der Rückfahrt schauten wir aus reiner Neugier bei dem Bauern vorbei, dessen Pferde wir vorher neben der Bundesstraße sahen. Der Züchter Unverdorben (er hieß wirklich so) war sehr freundlich und zeigte uns all seine Stuten und auch deren Nachwuchs. Darunter war ein kleines, freches New Forest Fuchshengstfohlen. Zwei Monate war er alt aber schon selbstbewußt wie der Boß einer ganzen Herde. Einen Charme hatte der kleine Kerl! Andi und ich waren einfach hin und weg.
In solchen Fällen fällt es nicht schwer, darüber nachzudenken, was Zufall, Vorbestimmung oder sanfte Führung ist. Jedenfalls kaufte ich nach kurzer Verhandlung den kleinen Hengst und versprach, ihn nach 3 Monaten abzuholen. Das haben wir auch getan.
Es war Kid, der heute noch bei uns im Stall steht.

Fast alle Geburten von Alfi sind ohne ärztliche Hilfe verlaufen.
Einmal allerdings gab es gleich einen ganzen Sack voll Aufregung. Das war so:
Noblesse, die zweite trächtige Stute im Stall, war mit ihrem Abfohltermin 14 Tage vor der Alfi dran. Wir richteten ihr also schon vorher eine große Abfohlboxe her. Pünktlich zum errechneten Zeitpunkt kam Pamina zur Welt.
Wie wir dies bei Fohlengeburten schon immer beobachtet haben, waren alle Pferde im Stall völlig aufgeregt und interessiert. Sie schauten mit gespitzten Ohren aus ihren Boxen, ließen ein leises Wiehern hören und begrüßten auf ihre Art den neuen Erdenbürger. Von besonderer Unruhe war Alfi befallen. Sie konnte gar nicht begreifen, daß man sie nicht zu dem Neuankömmling ließ. Ungehalten gebärdete sie sich so, als wäre dies in der Nachbarboxe ihr Fohlen. Aufgeregt rannte sie hin und her und gab erst Ruhe, als wir im Stall das Licht ausmachten.
Am nächsten Tag beunruhigte Alfi durch verändertes Verhalten, sodaß wir sie in die Abfohlboxe brachten und nicht mehr aus den Augen ließen. Tatsächlich zeigte sie uns abends, daß sie schon jetzt ihr Fohlen bekommen möchte.
Wir sorgten nach der Abendfütterung, die Alfi ignorierte, für absolute Ruhe. Außer dem gleichmäßigen Geräusch, das beim beruhigenden Kauen der Pferde entsteht, war höchstens ein dezentes Prusten oder Schnauben zu hören. Die Schulter von Alfi färbte sich allmählich durch leichte Schweißbildung dunkel.
Leise gingen wir aus dem Stall und ließen die Stute in ihrer schweren Stunde zwar nicht ganz alleine, doch ungestört. Als sich gar nichts mehr hören ließ, ging ich leise zurück und sah Alfi, bei der offensichtlich das Fruchtwasser schon abgegangen war, auf dem Rücken liegend mit den Beinen seitlich an der Wand. Sie hatte sich verlegt.
Es war kein Problem, sie wieder auf die Beine zu bringen. Weitaus mehr beunruhigte, daß der Geburtsvorgang unterbrochen war und die Wehen nicht wieder einsetzten. Das war nun ein Fall für den Tierarzt.
Dr. Zottmaier wurde gerufen.
Eine Spritze sollte die Wehen wieder einleiten. Nach Aussage des Arztes würde dies wohl bis zu 6 Stunden dauern. Wir sollten ihn halt rufen, wenn es wieder los geht. Jetzt hatten wir zwar Zeit aber wenig Ruhe für ein kurzes Abendessen.
Gegen Mitternacht begann der letzte, der aufregendste Akt.
Alfi hatte wieder Wehen. Sie legte sich hin, stand wieder auf, preßte, legte sich hin, preßte weiter. Kurz darauf sah ich eine dunkle, fußballgroße Blase aus der Scheide austreten. Ein Vorgang, der absolut atypisch war. Der Tierarzt war zwar schon verständigt, konnte aber frühestens in einer halben Stunde hier sein. Eine alte Regel bei Fohlengeburten besagt: „Alles muß schnell gehen, sonst besteht Gefahr für Mutter und Kind“. Ich untersuchte die Blase, die sich prall gefüllt und hart anfühlte. Der alte Regelsatz ging mir dauernd wie eine Alarmglocke durch den Kopf.
Also nochmals abtasten und überlegen, was passieren könnte, wenn ich diese dunkle Haut einfach aufschneide. Ich war mir zwar nicht ganz sicher, doch glaubte ich bei stärkerem Druck Fohlenbeine zu spüren. Als Operationsbesteck diente mir schließlich mein Taschenmesser, das ich immer dabei habe. Ein kurzer Stich und dann mit der Schneide des Messers nach oben gerichtet, auf der Unterseite der Spannhaut entlang gefahren und schon zeigten sich die runden mit weißlichen Zoten behafteten Hufe der Vorderbeine. Maul und Nüstern lagen wie im Lehrbuch auf den Röhren. Was nun folgte, ging schnell und routiniert.

Als der Tierarzt eintraf, leckte Alfi ihr Fohlen schon hingebungsvoll ab. Amani war geboren.
Man mag darüber lachen, aber solche Augenblicke hatten für mich immer ein feierliches Flair. Ein Zustand, den ich nur in solchen Situationen empfand. Sicher war es auch ein Gefühl der Dankbarkeit, wenn Mutter und Kind wohlauf und gesund waren. Weil es doch ein außergewöhnlicher Geburtsvorgang war, möchte ich noch erklären, wie sich die fußballgroße Blase erklärte: Die dunkle Haut, die ich aufschnitt, war die Nachgeburt, die sich beim Abbruch der Geburt vor den Fötus legte.
Alfi und Amani

1990 oder besser gesagt, schon bald nach der Geburt ihres letzten Fohlens erschreckte uns Alfi damit, daß sie gelegentlich mit dem Hinterfuß zuckte. Der Zustand verschlechterte sich bis 1990 und wurde zum chronischen "Hahnentritt". Bei einem Gespräch mit unserem ehemaligen Tierarzt Dr. Loibl erfuhren wir die Anschrift einer Pferdeklinik in der Nähe von Augsburg, die mit entsprechenden Eingriffen schon Erfolg gehabt hat.
Wir brachten Alfi in die Klinik. Die Operation ist gut verlaufen. Der einzige Haken war, wie uns der behandelnde Arzt sagte: "Sie zuckt noch immer". So nahmen wir Alfi, um 2000,00 DM erleichtert, wieder mit nach Hause.

1995 Umzug mit dem Rest der Herde nach Zöthen in Thüringen.

Alfi, nun schon 22 Jahre alt, hatte anfangs kleine Umstellungsprobleme. Die lange Fahrt hatte sie sehr aufgeregt. Klatschnaß kam sie aus dem Transporter. In den folgenden Wochen war sie nicht ganz in Ordnung. Offensichtlich hatte sie mit der neuen Stallung, in der sie sich anderen Bakterienstämmen anpassen mußte, zu kämpfen.

Bald ging es weiter in gewohntem Trott. Reiterpaß- und Reitabzeichenprüfungen bildeten Höhepunkte im alljährlichen Ablauf. Sonst half sie noch vielen Kindern mit Geduld beim Reitunterricht und war hier genauso beliebt, wie in Bayern.

Allmählich entließen wir Alfi in`s Altenteil. Sie brauchte nicht mehr zu arbeiten und verbrachte ihre Tage bei schönem Wetter auf der Koppel und sonst mit Ihren alten Stallgefährten in der großen Laufboxe.
Der Hahnentritt verlor sich im Laufe der Zeit und war schließlich ganz weg.

2002 am 17. Juli ist Alfi an Kreislaufversagen und Altersschwäche gestorben.

29 Jahre, mit kurzen Unterbrechungen war Alfi bei uns. Sie hat mit uns ein Leben geteilt, das reich war an Ereignissen und Erlebnissen in schönen und in schattigen Tagen. Viele Dinge, wie z. B. die alljährlichen Faschingsdienstagsausflüge zum Marienplatz in Freising oder die vielen herrlichen Ausritte in Bayern und in Thüringen wurden nicht erwähnt. Vergessen sind sie alle nicht, so lange jedenfalls, solange sich ihre ehemaligen Reiterinnen und Reiter und natürlich auch wir, bei denen und mit denen sie lebte, denken können.

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